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Daniel Hörner – Filled In

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Vom 02. bis zum 22. April zeigt der Hamburger Künstler Daniel Hörner seine neuesten Arbeiten bei Feinkunst Krüger. Eingebettet sind seine Bilder in eine Installation die große Teile des Raumes bespielt und dadurch völlig neue Blickwinkel entstehen lässt.

Im Feinkunst Krüger Basement zeigt zeitgleich Lawrence Power neue Arbeiten die ebenfalls installativ begleitet werden.

Zur Vernissage am Samstag den 01. April 2023 ab 20:00 Uhr laden wir herzlich ein.

löse und verbinde
Ein paar Anmerkungen zu Daniel Hörner´s Alchemie Baukasten, von Claus Sautter, 2023

Auf dem Boden liegt das unbehandelte Maltuch. Die Kugel des Schreibers rollt darüber und hinterlässt eine gerade blaue Linie. Die Kugel stoppt, der Kontakt wird unterbrochen. Die linke Hand verändert den Winkel des Werkzeugs, an dem entlang der Kugelschreiber geführt wird. Vielleicht um 90 °, oder auch in einem parallelen Abstand zur Ursprungs Linie. Nun finden die Linien einander und bezeichnen leere Felder auf dem Malgrund. Dabei beziehen sie sich stets in der einen oder anderen Weise auf das Geviert des späteren Bildes.
„Wann wird eigentlich die Linie selbst zur Fläche?“ sinniert der Maler.

Die leeren Flächen bilden nun ein strukturiertes Gesamtfeld. Bereit für ein neues Farb-Spiel.
„Wenn ich male, beackere ich meine Felder“ sagt Daniel Hörner. Und in der Tat erinnern mich viele seiner Bilder an den Blick aus großer Höhe auf landwirtschaftliche Felderwirtschaft. Da gibt es breitere und schmalere Flächen. Wie sie, sind Hörners Felder weder zwingend rechtwinklig noch zwanghaft regelmäßig. Im Gegenteil: Er beherrscht mit leichter Hand das Irreguläre, das Spiel mit den kleinen Störungen. Ein Überlappen hier, eine nervöse Schraffur dort, oder aber eine gut dechiffrierbare Überarbeitung, immer ist diesen Bildern etwas Befragendes, Öffnendes eigen. Die Fragen wollen nicht als beantwortet, sondern als gestellt wahrgenommen werden, und bleiben. Ohnehin ist verbale Darstellung hier unzulänglich, und nur bedingt tauglich, das Gesehene sprachlich abzubilden. Die Wahrnehmung ist hier unmittelbarer angesprochen.

Man findet sich schnell zurecht in Hörners eleganten Kompositionen und man sieht ihnen den experimentellen - auch seriellen - Charakter des Entstehungsprozesses an. Darin liegt etwas systemisches, wie Versuchsanordnungen im Alchemie Labor: „Ich will wissen, wann und wie es funktioniert“ sagt uns das. Da ist eine Neugier, die raus will und darf.
Prozess und Werk erscheinen dabei nach vorne offen; das spiegelt sich auch materiell:
Die Pigment-, Wachs- und Vaseline -Verbindungen härten nie endgültig aus und bleiben daher fragil und zukünftigen Veränderungen ausgesetzt. Dies ist ausdrücklich so intendiert. 

Zwar, denke ich, macht er das alles erst mal nur für sich selbst. Der reine Spieltrieb. Die Lust am Experiment, die Freude an den Spannungen, an neuen Harmonien. Ich stelle mir vor, dass Daniel Hörner schnell arbeitet. Dabei sitzt er auf seiner Gummimatte auf dem Atelier-Boden, über dem Maltuch. Auf Keilrahmen aufgezogen wird erst später. (das erklärt die manchmal so fein verzogenen geraden Linien). Es gibt keine Staffelei, keinen Maltisch im Atelier, nur die Kochplatten, für diese alchemistischen Solve et Coagula-Wachs-Vaseline-Pigment-Gemische. Das Ganze ist sehr überzeugend vom Prozess hergedacht. Doch die Metaphysik bleibt dabei nicht auf der Strecke. Der Gedanke bleibt eingeschrieben im Material.

Hörner trägt die Farbe fast ohne Werkzeug direkt mit den Fingern auf. In diesen Bildern ist immer mehr etwas fein-krudes, handschriftliches, so etwas wie reine Ordnungen in Frage Stellendes. Minimal trifft auf Informell. Wir sind vielleicht auf dem Rückweg aus der Moderne. Hinein in eine wieder fragwürdigere, aber auch offenere Weltbetrachtung. Das wäre sehr zeitgemäß. Wir haben keine andere Wahl. In diesem Sinne erscheinen Hörners Bilder nicht nur abstrakt und schon gar nicht etwa gegenstandslos. Sie bilden etwas ab, zunächst sicher seine eigene Welterfahrung. Aber dann lösen sie auch etwas aus, sie öffnen sich, die Gravitation Ihrer Fragen zieht uns in ihren Orbit und schon sind wir beteiligt, indem wir reflexhaft das Gesehene mit eigenen Erfahrungen verknüpfen, es mitbefragen und es in der eigenen Seins Erfahrung spiegeln.

Und diese Bilder führen einen so echten wie wonnigen Playflow vor.  
Es ist wie mit guter Musik: Es braucht solche Kunst. Sie ist belebend unruhig, und voll auf der Höhe der Zeit.