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Sador Weinsčlucker - Innen und Außen

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Vom 13. Februar bis zum 06. März sind die neuen Arbeiten des Berliner Künstlers Sador Weinsčlucker bei Feinkunst Krüger zu sehen. Dies ist die zweite Einzelausstellung von Weinsčlucker in den Räumen der Galerie. Auch diesmal beschäftigt sich der Künstler in seiner detailreichen Malerei mit der Situation in menschenleeren Räumen und der damit einkehrenden Ruhe in diesen.

Ab dem 13. Februar nur als Schaufenster- und Online-Ausstellung zu sehen!
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Kerber Verlag, inkl. Collector‘s Edition.

 

Innen und Außen / über die neuen Bilder von Sador Weinsčlucker - Von Peter Funken

Innenräume, bei Tag und Nacht, Spuren von Leben und doch menschenleer. Die Häuser und möblierten Zimmer, die uns Sador Weinsčlucker in seiner Malerei zeigt, scheinen verlassen, doch wirken sie nicht unbewohnt. Es entsteht der Eindruck, gleich könne jemand zurückkehren - und was wäre dann? Sind wir erwünscht? Was wollen wir eigentlich hier? Und da wir nicht wissen, wer wiederkommen wird, wirken die dargestellten Szenen und Momente sofort etwas unheimlich. Solche Leere ist seltsam lebendig. Wenn wir die Bilder Weinsčluckers etwas länger betrachten sind wir bereits Teil der Szenerie und haben die Seite gewechselt: Ob wir wollen oder nicht, wir sind im Bild und in den dargestellten Räum anwesend.

Hier ist also Suggestion im Spiel und eine Art der Verführung - hervorgerufen durch Malerei und durch uns selbst – Kunst als Auslöser von Autosuggestion. Die meisten der Bilder Weinsčluckers sind recht groß und perspektivisch so konzipiert, als könnten wir gleich eintreten und in die Räume hineingehen … mit meinen Augen tue ich dies auch.

Das, was ich dort wahrnehme, ist ein Angebot, einzugehen in ein unbestimmtes Geschehen, die Geschichte eines Ortes, und allein das Schauen löst in mir etwas aus: Zuerst ein eher unbestimmtes Gefühl, erst später setzt rationales und empfindendes Denken ein. Das bedeutet, zuerst gibt es eine unmittelbare Reaktion auf das Dargestellte, sogar Identifikation oder auch Ablehnung und innere Abwendung. Zu Beginn sind meine Empfindungen undeutlich, auch weil ich Anfang und Ende der Story, die Sador Weinsčlucker malend mitteilt, nicht kenne. Erst nach der vordergründigen Emotionalisierung fange ich an Vermutungen anzustellen und Schlüsse zu ziehen, das heißt, ich beginne zu rationalisieren und distanziere mich dabei von der Suggestion.   

Zuerst aber, wie manchmal in Träumen erlebe ich mich dazu gedrängt, genau hinzuschauen, aufzupassen, um den Sinn der Szene und Situation zu begreifen oder um mir diesen zu konstruieren. Denn, so vermute ich, wäre da ein Grund oder Sinn zu erkennen, könnte ich verstehen, wie die Dinge in den gemalten Interieurs zusammenhängen, um was es dort geht. Zum Schluss geht es also darum, Orientierung zu finden, mich und andere besser zu verstehen: innen und außen - im Leben und bei dieser Malerei - und so hat Sador Weinsčlucker seine Serie neuer Bilder nicht umsonst auch so betitelt.

Seine Kunst wirft Fragen auf, die dieses Innen und Außen betreffen - wie verbindet das Sehen beides, und wie ist es verbunden mit dem Denken und Fühlen? Und darüber hinaus stiftet Weinsčluckers Malerei dazu an, ausgehend von Sinneseindrücken darüber nachzudenken und zu erforschen, was Malerei zu erzählen vermag und auch, wie der Künstler dies mit den Mitteln der Öl-Malerei auf der zweidimensionalen Leinwand tut. 

Und noch weiter läßt sich anhand dieser Kunst über die Beziehung von Betrachtenden zum Bild nachdenken, und auch vice versa, wie sich die Beziehung des Bildes zu uns Sehenden gestaltet, denn Bilder machen etwas mit uns, wir reagieren auf sie, sie haben wirkmächtige Eigenschaften und Fähigkeiten und dies gilt ausdrücklich für die Malerei von Sador Weinsčlucker.  

Menschenleer sind die vollgestellten Räume ... erst diese Leere aber bietet die Ruhe, die Bilder wirken zu lassen: Damit werden wir zu Fragenden und Wartenden – worauf wir warten, wie die Antworten sein werden, das müssen wir selber herausfinden, denn die Malerei löst vor allem Fragen aus - zu antworten, ist uns überlassen.

Vor allem vage bleiben die Situationen in diesen Bildern, obwohl sie doch Architektur Einrichtung dermaßen präzise zeigen, dass man die Luft dort zu riechen vermeint. Und so bleibt die Sache trotz präziser Abbildung von Material und Licht bis zum Schluss offen und wird damit zu einem Feld für Projektionen, Vorstellungen und Meinungen, die alle genauso richtig sind wie falsch.

Wir haben es bei der Malerei Weinsčluckers mit einer philosophischen Kunst zu tun, auf jeden Fall bereitet sie den Boden vor, auf dem ein Nachdenken über Fragen der Existenz und Kunst stattfinden kann. Gleiches kann man nicht immer über Malerei sagen, doch bei diesen Bildern gewinnt man den Eindruck, als seien sie Ergebnisse langen Nachdenkens über Fragen des Raumes - innen und außen – des gebauten und umbauten Raumes, aber auch über Zeit-Räume. Eine solche Vergegenwärtigung von Vergangenheit wird bestätigt durch die Tatsache, dass der Künstler oft in distanzierter Ferne Ruinen und Burgen zeigt – weit Zurückliegendes also, Zeichen der Vergangenheit. Viele dieser Gemäuer hat Weinsčlucker tatsächlich besucht als er in Spanien lebte.

Die Spannung seiner Malerei entsteht mit der Konstellation, die uns Betrachtende mit der Welt des Malers und seiner Kunst verbindet - seine Innen- und Außenwelt mit unserer. Weinsčlucker macht uns mit dem Warten auch zu Aufgeweckten, das bedeutet, er gibt uns die Gelegenheit, zu uns zu kommen. Damit entstehen Möglichkeiten zur Erkenntnis und Selbstwahrnehmung durch das sinnliche Erleben von Malerei.  Bei Sador Weinsčlucker, so meine Erfahrung, wartet man nicht umsonst.